Yubinuki: japanischer Fingerhut

Wieder einmal bin ich fasziniert von bunten geometrischen Mustern. Kein Wunder also, dass ich mir Yubinuki als Thema meiner Stoffspielerei zum Thema „Textiler Schmuck“ ausgesucht habe.

Yubi-was?

Yubinuki ist Japanisch für „Fingerhut“ und meint dabei zunächst die ganz gewöhnlichen Fingerhüte aus Metall oder Leder, die einfach die Finger beim Nähen vor spitzen Nadeln schützen sollen. Dann gibt es aber auch eine besondere Form von feinst mit Seidengarn bestickten, wunderschönen Fingerhüten, die diesem englischen Artikel zufolge „Kaga Yubinuki“ heißen, nach der alten japanischen Region Kaga, heute Präfektur Ishikawa. Auf dieser Seite mit Google-Suchergebnissen bekommst Du einen Eindruck davon, wie meisterhaft exakt und feinst gefertigte Yubinuki aussehen können.

Mein Werk ist ein bescheidener Start in die wunderbar vielfältige Welt der Yubinuki-Muster. Als Grundlage diente mir ein bebilderter Artikel aus „Mollie Makes“ Nr. 12, der die absoluten Basics erklärt und mir für den Anfang genügt hat. Sehr ausführliche und reich bebilderte Tutorials auf Englisch findest Du bei Ma Mercerie (der Blog ist seit 2011 still), und zwar

Auch wenn Du nicht gut Englisch kannst, lohnt es sich, auf diese Seiten zu schauen, weil du auf den zahlreichen Schritt-für-Schritt Bildern gut erkennen kannst, worum es geht.

Das Prinzip ist: Eine Basis aus Papier und Stoff mit einer Schicht Polsterung (für etwas Volumen) wird rundherum mit Hexenstich bestickt. Die Hexenstiche werden dicht an dicht immer über die Kante gesetzt. Muster entstehen durch die Verwendung unterschiedlicher Farben und indem man die Fäden über- und untereinander verwebt. Je feiner die Fäden (in Japan traditionell feine Seidengarne), desto feinere Muster sind möglich.

Zum Start habe ich einen blauen Kartonstreifen (Papier 160 g/m2), einen gelben Stoffrest und meine Häkel und Perlgarne verwendet. Man braucht eine runde Hülle, um darauf die Basis aufbauen zu können. Eine blaue Lippenstifthülle hatte genau den richtigen Durchmesser für meinen Finger!

Mein Material: Stoffrest und Häkel- bzw. Perlgarne

Um die runde Form, die Du Dir ausgesucht hast, wickelst du zuerst einen Stoffstreifen, darauf einen Streifen festes Papier oder dünne Pappe, der so breit ist, wie der Ring später sein soll. Den Papierstreifen habe ich mit einem Klebeband fixiert. Mehrere Runden von dem Papierstreifen geben dem Ring später mehr Stabilität. Für einen Armreifen könnte man auch einen Reifen Kunststoff (von einer kleinen Kunststoff-Flasche o.ä.) verwenden.

Stoff- und Papierstreifen auf der Form

Dann schlägst du die Ränder des Stoffes nach innen und fixierst sie mit einem dünnen Nähgarn. Diese Naht wird später von der Polsterung und der Stickerei verdeckt, sie muss also nicht besonders hübsch sein.

Der Stoff wird mit einigen Stichen rundherum um das Papier fixiert.

Für das sehr einfache Muster, das ich gestickt habe, brauchst du 16 Markierungen oben und 16 unten am Rand. Mein Ring hatte zufällig genau 8 cm Umfang, daher konnte ich einfach ein Karopapier zum Übertragen der Markierungen verwenden. Je genauer du diese Markierungen einzeichnest, desto exakter wird später das Muster am Ring.

Die Markierungen auf den Ring übertragen.

Damit der Ring etwas Volumen bekommt, wickelst du anschließend eine Schicht Polsterung drumherum. Ich habe hier weißes Häkelgarn verwendet, du kannst aber auch etwas Volumenvlies oder Wolle verwenden. Im Original wird dafür ein feines Seidenvlies verwendet.

Der Rohling mit der Polsterung aus Häkelgarn.

Und dann beginnst du rundherum mit Hexenstich zu sticken. Für das Muster, das ich gemacht habe, brauchst du vier Farben. Du stichst immer in die übernächste Markierung auf der gegenüberliegenden Seite. Du machst eine erste Runde mit der ersten Farbe, dann eine erste Runde mit der zweiten Farbe, eine erste Runde mit der dritten und eine erste Runde mit der vierten Farbe.

Die ersten Stiche rundherum

Dann beginnst du wieder mit der ersten Farbe, stickst die zweite Runde und so weiter. Immer eine Runde in einer Farbe und dann die nächste Farbe. Die Fäden, die du gerade nicht brauchst, lässt du einfach am Rand weghängen.

Die Form füllt sich weiter.

Du musst die Stiche relativ fest anziehen, damit das Muster schön zum Vorschein kommt. Damit sich der Ring nicht in der Breite zusammenzieht, sollte die Unterlage möglichst fest sein. Aber auch wieder nicht zu fest, sonst wird das Durchstechen der Unterlage mühsam. Ich habe bei meinem ersten Versuch leider nur eine Lage Kartonpapier genommen: Das ist zwar angenehmer zum Durchstechen des Randes, aber leider hat sich der Ring an manchen Stellen etwas zusammengezogen.

Beim nächsten Mal werde ich mehr Lagen Karton verwenden, damit sich der Ring nicht so verzieht. Und ihn schmäler machen. Und dünneres Garn verwenden. Und ein anderes Muster ausprobieren. Du siehst: Es gibt Luft nach oben! 🙂

Der fertige Ring am Finger.

Heute sammelt Siebensachen zum Selbermachen die Beiträge zum Thema „Textiler Schmuck“, das sie vorgeschlagen hat. Ich bin gespannt, was sich die anderen Stoffspielerinnen einfallen lassen haben!

Das nächste Mal treffen wir uns zum Thema „XXL“ bei bimbambuki: Dann denken wir GROSS! Das wird eine Herausforderung für mich, die ich lieber in Miniatur werkele.

Bis dahin wünsche ich Euch einen schönen Sonntag und schöne Tage!

Die Stoffspielereien

Mach mit, trau dich! Die Stoffspielereien sind offen für alle, die mit Stoff und Garn etwas Neues probieren wollen. Es geht ums Experimentieren und nicht ums Perfektsein, denn gerade aus vermeintlich „misslungenen“ Experimenten können wir im Austausch jede Menge lernen. Lass dich gerne vom monatlich vorgegebenen Thema inspirieren und zeig deine Ideen dazu.

Jeden letzten Sonntag im Monat sind die Stoffspielereien zu Gast bei einer anderen Bloggerin. Dabei kommen wir ohne Verlinkungstool aus: Schreib einfach einen Kommentar mit dem Link zu deinem Beitrag im jeweiligen Blogpost der Gastgeberin. Sie fügt die Links im Lauf des Tages in ihren Beitrag ein – ganz persönlich und individuell.

Bist du nächstes Mal auch dabei?

Die nächsten Termine:

23.02.2020: „XXL“ bei bimbambuki
29.03.2020: „Draht und Stoff“ bei Nahtlust
26.04.2020: „Visible Mending“ bei 123-Nadelei
31.05.2020: „Blumen“ bei Petersilie & Co
28.06.2020: „Monogramme“ bei made with Blümchen
Sommerpause
27.09.2020: „Texturen aus der Natur“ bei Schnitt für Schnitt
25.10.2020: „Textile Behältnisse“ bei Feuerwerk by kaze
29.11.2020: (Thema noch offen) bei Nähzimmerplaudereien

Einen Überblick über die bisherigen Stoffspielereien, die schon seit 2012 laufen, findest Du auf stoffspielereien.net. Meine Beiträge zu den Stoffspielereien sind hier versammelt.

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45 Kommentare zu „Yubinuki: japanischer Fingerhut“

  1. Eine interessante Technik mit schönem Ergebnis. Ich könnte mir daraus auch ein Stand-Nadelkissen vorstellen mit Boden drinnen, Füllung drüber … das ganze ist ja größenflexibel.
    LG Ute

    1. Das ist eine sehr feine Idee für hübsche Geschenke! Jemand anderer hat auch Serviettenringe in dieser Technik vorgeschlagen (war das Christiane?). Das ist schön, die Technik weiter zu denken. Liebe Grüße, Gabi

  2. In dieser Technik sah ich mal einen Armreif, aber das man das auch in mini als Ring hinbekommt, Hut ab!!!!! Es sieht sehr eindrucksvoll aus , aber immer schön abnehmen vor dem Hände waschen. Das fände ich ja furchtbar, wenn man es dadurch ruiniert.
    viele Grüße, Karen

    1. Liebe Karen, in Mini – als Ring – das ist ja eigentlich die ursprüngliche Idee dieser wunderbaren Fingerhüte! Ich werde dran denken, ihn vor dem Händewaschen abzunehmen, versprochen! Deine Kette aus Metallringen finde ich übrigens umwerfend hübsch! Liebe Grüße, Gabi

  3. Liebe Gabi,

    wunderschön ist Dein Ring geworden, und das auch noch als erster Versuch!
    Ich kenne Spielbälle für die Kleinsten, die in dieser Technik – oder zumindest einer sehr ähnlichen Technik hergestellt werden, sehr aufwendig.
    Vielen Dank für die ausführliche Beschreibung und die links, uns wird es doch nie langweilig…
    Liebe Grüße
    Tyche

    1. Liebe Tyche, ja die Spielbälle (Temari genannt), sind mit den Yubinuki verwandt, aber vielleicht etwas aufwändiger als die Fingerhüte. Langweilig? Niemals! Liebe Grüße, Gabi

  4. Hachz… schön!!! Die Molly liegt hier noch irgendwo… Aber als Ring am Finger gefällt mir das viel besser als ein Armreif … Danke fürs Zeigen und liebe Grüße
    Katrin

    1. Eigentlicht ist es ja nicht einmal als zierender Fingerring gedacht sondern als nützlicher Fingerhut. Ich finde das so schön, wenn Alltagsgegenstände nicht nur utilitaristisch-schlicht sondern trotzdem schön aussehen dürfen. Da hat man doch viel mehr Freude an dem, was man täglich nutzt, nicht wahr? Liebe Grüße, Gabi

  5. Wie gelungen gleich Dein erstes Stück ist! Diese Technik sieht wirklich sehr faszinierend aus und die müsste ich auch mit meinen Augen hinbekommen, da nicht normaler Nähfaden verwendet wird. Ich muss noch unbedingt Deine Links durchsehen!
    Liebe Grüße
    Ines

    1. Probier das gerne, der Anfang ist wirklich einfacher als es aussieht. Natürlich kann man dann (wieder mal) die Komplexität bis ins Unendliche steiegern, aber auch schon mit dem relativ simplen Sticken immer in der Runde bekommt man finde ich sehr ansprechende Ergebnisse. Liebe Grüße, Gabi

  6. Und wieder etwas Japanisches.. wer hätte das gedacht.. 😉

    Ein toller Ring und eine spannende Technik – darauf wäre ich nicht gekommen aus Papier einen Ring zu machen. Besonders gefällt mir, dass man ja auch passend zu Strick- oder Häkelsachen dann den Ring fertig kann. Sowas mag ich sehr und Deine Farbauswahl gefällt mir auch gut!

    Ganz liebe Grüße, Anne

    1. Jaja, ich scheine Japan gepachtet zu haben… 🙂 Passend zu Strick- oder Häkelsachen wird das nur bedingt gehen, weil die Fäden für den Ring recht dünn sein müssen, damit das gut aussieht. Mit normaler Wolle könnte man aber zum Beispiel einen Armreif in dieser Technik schmücken, das stelle ich mir hübsch vor. Liebe Grüße, Gabi

  7. Liebe Gabi, du hast mir heute eine neue Welt eröffnet. Von Yubinuki hatte ich noch nie gehört, und als ich auf den Google-Link geklickt habe, ist mir einen Moment die Luft weggeblieben. Wie wunderschön! Was es nicht alles gibt! Man lernt nie aus.
    Dein Exemplar ist auch zum Staunen. Du hast dir da ein hinreißendes Unikat von einem Ring gemacht. Ich hoffe, du trägst ihn oft und bekommst jede Menge Komplimente dafür, er ist toll.

    1. Gell? So ist es mir gegangen, als ich vor einigen Jahren zum ersten Mal auf Yubinuki gestoßen bin: Völlig fasziniert. Hat jetzt eine Weile gedauert, bis ich es endlich ausprobiert habe. Passt aber voll zu meiner Geometrie-Schiene.
      Den Ring habe ich leider zu breit gemacht, er ist nicht besonders bequem. Aber ich werde ihn mir an einer Schnur als Anhänger um den Hals hängen. Deinen Anhänger heute mit den Französischen Knoten finde ich wunderhübsch! Liebe Grüße, Gabi

  8. Tolle Ideen brütest du immer aus und gleich ein so hübsches Erstlingswerk, ich finde es sehr gelungen Gabi. Ich mag ja gern so geometrische Muster und finde das schon toll gleichmäßig. Liebe Grüße Ingrid

    1. Ja, ich liebe auch geometrische Muster! Bei einen der Beispiele online musste ich an den Triangle Quilt denken, bei dem Ines mitgemacht hat. Ob man wohl so ein Muster auch als Quilt umsetzen kann? Einen Versuch wäre es wert. Liebe Grüße, Gabi

    1. Bitte gerne nacharbeiten! Am Finger werde ich den Ring eher nicht so oft tragen, dafür ist er leider zu breit, das hatte ich nicht bedacht. Aber an einer Kette um den Hals, da wird der Ring sicher auch gut zur Geltung kommen! Farblich zur Kleidung passend oder so. 🙂 Liebe Grüße, Gabi

  9. Hallo Gabi!
    Ja die Japaner! Die haben schon Ideen. Sie nehmen solche Ringe als Fingerhüte ohne Deckel zum Nähen. Einmal habe ich das probiert. Man muß gut aufpassen, damit es gleichmäßig wird. Du hast mich mit Deinem Ring auf die Idee gebracht, diese Technik mal für einen Armreif zu versuchen. Vielleicht für die nächsten Stoffspielereien mit dem XXL-Thema?!
    Liebe Grüße
    Annelies

    1. Ja, das ist doch eine Idee: XXL als Armreif. In der Anleitung aus „Molly Makes“, die ich als Grundlage verwendet habe, wurde auch ein Armreif gezeigt. Probier das doch. Liebe Grüße, Gabi

    1. Ob Du die Geduld aufbringen würdest, weiß ich nicht. Mit dem relativ dicken Häkel- bzw. Perlgarn hat es gar nicht sooo lang gedauert. Gestern Nachmittag/ Abend hab ich ein bisschen dran gestickt. Mit einem sehr viel dünneren Garn würde es auch sehr viel länger dauern. Und bis zur Meisterschaft, wie sie die japanischen Yubinukis zeigen, ist es ein langer Weg. Aber ein erster Schritt dort hin. Liebe Grüße, Gabi

    1. Gerne, liebe Christiane! Und dabei im Grunde wieder einmal so einfach, wenn man verstanden hat wie. Vielleicht etwas langwierig, und konzentrieren muss man sich bei aufwändigeren Mustern, aber nicht schwierig. Liebe Grüße zurück!

    1. Ich habe bei Dir soeben die weichen gestricklieselten Armbänder mit Papierperlen bewundert, das ist ja auch eine Klasse Idee! Ich versuche es immer wieder mal mit Armbändern, aber die meisten nerven. Mit Deiner Variante könnte ich es direkt mal probieren, und dann auch kleinere Yubinuki drauffädeln. Hachz, so viele Möglichkeiten… Liebe Grüße, Gabi

  10. Wahu. Wie angekündigt, bist Du fertig mit Deinem schmücken Werk!
    Ich bin davon immer noch hin und weg!
    Klar kannst Du den auch als Kettenschmuck nehmen. Vielleicht mit einem seidigen, breiteren, in sich gedrehte Stoffstreifen?
    Und ich habe gesehen, dass Du in der Reihe der Stoffspielerei das Thema Monogramm hast. Ich liebe Monogramm, auch wenn ich mir manchmal vorstellen kann, dass es nicht jeder Frau früher gefallen hat, ihre Aussteuer damit zu verzieren.
    Wünsche Dir einen erholsamen Sonntag!
    Herzlichste Grüße
    Nina

    1. Ein breiterer Stoffstreifen ist eine klasse Idee. Oder bei Frau Nahtlust habe ich soeben gestricklieselte weiche Bänder gesehen, das wäre auch eine Idee. Aaaah, das lässt sich wieder einmal endlos ausbauen in allen Kombinationsmöglichkeiten!
      Wenn Dich das Thema „Monogramme“ anspricht, vielleicht magst du ja dann auch einmal mitmachen bei den Stoffspielereien, das würde mich freuen! Liebe Grüße, Gabi

  11. Toll, sehr elegant! Gestickt und auch ein bisschen gewebt! Hast Du die Fäden spontan übereinander laufen lassen oder gezielt über-/untereinander geführt? Ich stelle mir das Durchstechen der Pappe mit der Zeit als etwas unangenehm vor. Vielleicht kann man nur auf der Vorderseite von kurz unter bis zur Kante durch den Stoff stechen? Nun, Du willst ja noch ein paar Studien anfertigen 😉 Passende Ringe zu jedem Outfit! Ein wirklicher Vorteil des textiles Schmuckes. Liebe Grüße!

    1. Bei diesem Ring bin ich einfach fürs Erste ganz stur der Anleitung gefolgt, alle Fäden immer drüber laufen zu lassen. Die Dreiecke, die dabei automatisch entstehen, kommen bei diesem Exemplar nicht so klar raus. Vielleicht liegt es an der mangelnden Übung, vielleicht an zu wenig Fadenspannung, oder auch daran, dass das verwendete Garn zu dick ist. Mit drüber-drunter Weben werde ich mich bei weiteren Exemplaren beschäftigen. Das Durchstechen beansprucht tatsächlich mit der Zeit die Fingerkuppen – ein Fingerhut über dem Finger schafft hier Abhilfe! 🙂 Eher als Ringe trage ich eigentlich Ketten, und auch als Anhänger wäre dieser Ring sicherlich geeignet. Gleich mal ausprobieren. Liebe Grüße, Gabi

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