Bedeckt mit Punkten in Mola-Technik (eine Form von Negativappliation) startet mein nächstes Objekt neu ins Nadelbrief-Jahr.
Zum Thema „Punkte“ sah ich vor meinem inneren Auge von Anfang an übereinander geschichtete, applizierte Kreise, wie bunte Spiegeleier. Aber dann habe ich nicht auf den Grundstoff drauf appliziert, sondern quasi drunter: Also Negativapplikation (engl. reverse appliqué), bei der man von der oberen Stoffschicht etwas wegschneidet, um die darunter liegende(n) Stoffschicht(en) sichtbar zu machen.
Eine in meinen Kreisen bekannte Technik ist die von Alabama Chanin, einer amerikanischen Designerin, die vorwiegend mit Jersey arbeitet und die ausgeschnittenen Löcher mit relativ großen Vorstichen umnäht. (Hier habe ich das schon einmal bei den Stoffspielereien probiert.) Weil Jersey nicht ausfranst, braucht man die Kanten der Löcher hierbei nicht zu versäubern.
Eine andere verbreitete Technik heißt Mola und stammt aus Zentralamerika, wo sie von Panama bis Kolumbien verbreitet ist. Bei Mola sind Webstoffe die Grundlage, dabei schlägt man die Schnittkanten nach innen und säumt sie per Hand. Wie wenn eine Quilterin das abschließende „Binding“ einer großen Patchworkdecke mit der Hand festnäht, nur öfter um die Ecke.
Vor Kurzem hat Siebensachen die Mola Technik auf einem Nadelbriefchen ausprobiert und in ihrem Blogpost einen Link zu einer Reihe sehr anschaulicher Anleitungen (auf Englisch) gepostet. Von dort bin ich weiter gesurft zur Textilsammlung im British Museum Online mit Beispielen von Frauenblusen und Tüchern aus dem frühen 20. Jahrhundert. Der Wahnsinn, so schön! Und so aufwändig!
Klassische Mola-Motive sind grafisch und eckig, häufig Labyrinth-artig. So etwas auch einmal in größer zu machen, kommt auf meine lange, lange Liste der Dinge, die ich gerne einmal machen würde. (Diese Liste wird immer länger, egal wie viel ich davon abarbeite.) Aber dieses Mal sind ja Punkte das Thema, nicht Ecken.
Bei Mola werden zunächst mehrere Stoffschichten übereinander festgeheftet.
Mit einem wasserlöslichen Stift habe ich verschieden große Punkte freihändig aufgemalt.
Dann vorsichtig die Formen ausgeschnitten, dabei rund 5 mm Nahtzugabe rundherum stehen gelassen. Die Kreisrundungen habe ich ein paar Mal eingeschnitten, damit sich der Stoff beim Umklappen in die Rundung legen kann.
Dann wird die Kante untergeschlagen und mit Saumstichen festgenäht. Dabei soll man den Faden möglichst in der Farbe des Oberstoffes wählen, damit die Stiche möglichst klein und unsichtbar werden.
So arbeitet man sich zuerst durch die erste Stofflage durch, danach durch die zweite.
Beim Nähen sticht man durch alle Stofflagen durch, sodass sich die Umrisse der Vorderseite auch auf der Rückseite abzeichnen.
Für die Innenseite habe ich verschieden gepunktete Stoffe aus meinem Vorrat verwendet.
Dieses Mal kam das Nadelbriefchen ohne zusätzliches Vlies aus: Die mehreren Stofflagen verleihen ihm genug Festigkeit.
Als „krönenden Abschluss“ fand ich noch einen knallroten Knopf in meinem Fundus, der genau dazu passt.
Jetzt bin ich glücklich, dass endlich wieder einmal ein Nadelbriefchen fertig geworden ist, und dass ich diese Negativapplikation ausprobieren konnte! Und freue mich aufs Stöbern bei den anderen Beiträgen der Nadelbrief-Aktion, wo in der Zwischenzeit schon über 200 Nadelbriefchen zusammengekommen sind!
Nachsatz
10 Wochen! OMG. Wo ist die Zeit hinverflogen? Vor geschlagenen 10 Wochen habe ich den letzten Nadelbrief (Japan) fertiggestellt und verbloggt, und seither: Nix. Oh ja, einige Exemplare liegen hier halb- oder fast-fertig herum, aber mein sehr guter Vorsatz „jede Woche eine kleine kreative Fingerübung“ ging komplett den Bach runter. Spannend, welche Blockade das für mich sehr emotionale Thema „Mexiko“ gebaut hat. (Mal sehen, ob ich darüber nicht doch noch berichten muss.) Dazu Schulschluss-Wahnsinn im Juni und fast jedes Wochenende mit der Familie auswärts unterwegs. Ich habe mir einfach keine Zeit für die Nadelbriefchen freigeschaufelt.
Im Zeit- und Selbstmanagement-Kurs, den ich seit fast einem Jahr belege, habe ich gelernt, dass es wenig Sinn macht zu versuchen, Liegengebliebenes aufzuholen. Das stresst nur unnötig. Deshalb mache ich jetzt einen Schnitt, blicke in die Zukunft, und starte quasi neu ins Nadelbriefchen-Jahr. Mit neuem Vorsatz und vielen Ideen.
Pingback: Stoffspielereien im Oktober: Punkte und Kreise - made with Blümchen
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Das ist ja mal etwas ganz anderes, jedenfalls für mich. Ich mag das finale Ergebnis sehr, bin aber leider beim händischen Nähen nicht ganz vorn mit dabei. Trotzdem eine tolle Inspiration. LG Undine
Liebe Gabi,
eine tolle Idee, die Punkte mit der Molatechnik zu machen. Das sieht sehr schön aus.
Liebe Grüße
Monika
Dankeschön!
Liebe Gabi,
superschön ist es geworden, dein Punkte-Nadelbriefchen, sowohl von innen als auch von außen! Danke fürs Erklären der Technik. Das muss ich unbedingt auch einmal ausprobieren!
Ich hinke auch ganz schön hinterher, was die Nadelbriefchen betrifft… mal schauen, ob ich es schaffe, alle nachzuarbeiten…
…wenn nicht, auch nicht schlimm… Hauptsache es macht Spaß 😉
LG
CHristiane
Liebe Christiane, ich habe es aufgegeben, alle nacharbeiten zu wollen. Es wird mir nicht gelingen sondern mich nur frustrieren. Lieber blicke ich in die Zukunft und halte mir für die kommenden Exemplare bewusst Zeit frei. In letzter Zeit arbeite ich zu viel und entspanne zu wenig, Verbesserung ist möglich! (Und aus der Mola Technik hätte ich so gernen ein Sitzkissen für die kleine Bank im Vorzimmmer…. Vielleicht über den Winter…) lg, Gabi
Liebe Gabi,
diese Technik finde ich total interessant und der Effekt ist echt toll.
Schön, dass Du wieder eingestiegen bist.
Liebe Grüße
Ines
Danke, liebe Ines! Der gelbe Stoff ist etwas dünn, deshalb sieht man da auch die nach innen umgeschlagenen Stoffteilchen durchschimmern. Sieht ein bisschen aus wie Sonnen, wie passend zum Sommer… lg, Gabi
Gut gelungen! (Die Farben vermitteln ein wenig 70er Jahre.) Da ich das auch schon mal gemacht habe, kann ich deine Arbeitsschritte gut nachvollziehen. Mein neues Hobby ist es allerdings nicht geworden und ich brauche auch auf absehbare Zeit keine Wiederholung. Obwohl mir viele Arbeiten, die ich gesehen habe, gut gefallen…
Bei meinen Nadelbriefen klemmt es auch; andere Hobbytätigkeiten hatten Vorrang. Aber so ist es nun mal, Hobby ist Spaß und kein Zwang.
LG
Siebensachen
Liebe Siebensachen, danke Dir für den Anstups und den tollen Link zu den Tutorials! Ich war zunächst auch skeptisch – deshalb ist ja das Nadelbriefchen so eine gut geeignete Fläche zum Ausprobieren -, aber im Unterschied zum English Paper Piecing nähen (ich sage nur „La Passacaglia“) gefällt mir dieses Säumen sehr gut. Ich kann mir tatsächlich gut vorstellen, mal ein größeres Stück so zu nähen. Wenn ich die wichtig-dringenden Sommerprojekte abgearbeitet habe, wie Bikini, Shirts, Badetasche etc., die ich gerne noch vor dem Urlaub nähen möchte. Du hast ganz Recht: Hobby soll kein Zwang werden. Aber zu lang darf es auch nicht ohne gehen, da wird die Sehnsucht zu groß! lg, Gabi
Sehr spannend diese Technik, danke fürs Zeigen, das Ergebnis macht richtig gute Laune und dir hoffentlich Motivation auf weitere Experimente. Liebe Grüße Ingrid
Die Motivation ist hoch! Die ersten beiden Ferienwochen inkl. Segelkurs sind erfolgreich überstanden! Jetzt wird es zeitlich wieder besser, ich bin top motiviert! Kommendes Wochenende geht’s nach Haslach nach Oberösterreich zum Webermarkt, auf den bin ich ja schon sehr gespannt. Die Petersilien lerne ich kennen und Christiane (Schnitt für Schnitt) kommt auch, auf das freu ich mich schon sehr! Und im August sehen wir uns, juhuuu! lg, Gabi
Vor allem, liebe Gabi, sollten Nadelbriefe kein Stress machen, insofern: richtig so. Mach das, worauf du Lust hast und was dich anspricht! Es ist ja nichts ein Muss 🙂 Ich mag deine PUnkte sehr und finde, dass du sie mit der Technik extrem gut umgesetzt hast. Richtig klasse! Danke fürs verlinken und nun genieße den Sommer und bleib im Flow, wenn du im Flow sein möchtest und relax und lös dich von allem Druck! Sei umarmt! Susanne
Danke für Deine aufmunternden Worte, liebe Susanne! Angesprochen hätte mich Vieles, aber wenn ich nicht ganz konsequent mir die Zeit fürs Hobby nehme, gehen die Tage so zwischen Arbeit und Kindern und Haushalt und anderen Freizeitaktivitäten dahin, es ist unpackbar. Ach ja, und einen zweiten Küchenvorhang hab ich auch gehäkelt, „nebenbei“, da sind auch wieder viele Stunden hineingeflossen. Wie auch immer: Ich mache was geht, die unfertigen werden wohl auch mal fertig werden, und ansonsten freue ich mich auf den restlichen Sommer mit allem, was er bringt. Dir eine gute Zeit, lg Gabi
Hallo Gabi,
immer wieder sehr interessant bei dir zu lesen, du hast Recht, man stolpert beim Surfen von einer Besonderheit zur anderen. Die Nadelbriefe hab ich leider völlig aus den Augen verloren. Nicht beim Zuschauen, sondern in meinem Arbeitspensum. Mit deinem Punkte-Nadelbrief zeigst du wieder eine schöne Technik. Toll, dass du nicht alle Punkte mit allen drei Farbschichten darstellst, sondern die kleinen gelben dazwischen gearbeitet hast.
LG eSTe
Liebe eSTe, es geht halt nicht immer alles, auch wenn ich mir das noch so wünschen würde. Und Arbeit geht vor Hobby, solange ich meine Werkeleien nicht monetarisieren möchte, denn die Arbeit bringt mir das Geld. Die kleinen gelben Punkte zeigen die Mittelschicht. Sie waren zu klein, um noch tiefer in die rote Schicht zu gehen und mussten daher gelb bleiben. Aber ich mag es so auch gern. Man könnte noch in die sehr großen roten Flächen wieder kleinere orange diesmal drauf applizieren, aber ich hab es so gelassen wie es ist. lg, Gabi