Eine leichte Sommer-Strickjacke: „The lighthouse keeper’s wife“

Jetzt ist es ja doch noch Sommer geworden! Und endlich (ENDLICH!) gerade rechtzeitig für unseren Einsatz beim Kinderkurs im Segelclub ist auch die Strickjacke fertig geworden, mit der ich bereits im April begonnen habe. Eigentlich fertig, aber uneigentlich doch nicht fertig, weil ich nicht ganz zufrieden damit bin.

Auf Ravelry hatte ich mich bereits vor einiger Zeit in die leichte Sommerjacke namens The lighthouse keeper’s wife verguckt. Wenn ich mich richtig erinnere, gab es auch mal einen melancholischen französischen Spielfilm gleichen Namens (Die Frau des Leuchtturmwärters), der mich nicht so überzeugt hat. Trotzdem beinhaltet der Name The lighouse keeper’s wife für mich Meeresbrise im Segel, Wellenrauschen im Ohr und Salzgeruch um die Nase. Und die Ravelry-Bilder der Jacke haben mir soo gut gefallen: Eine luftige, leichte Sommer-Strickjacke, mit vergleichsweise dünnem Garn (Stärke 4) auf vergleichsweise dicken Nadeln (Stärke 9) fabriziert. Locker-lässig mit Kapuze und Raglan-Ärmeln. Sah toll aus, vor allem die Beispiele in Off-White und Dunkelbraun haben mich von Ravelry her angelacht.

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luftig locker leicht löchrig ist die Jacke

Das Gestrick wird ganz luftig und leicht, aber auch ziemlich löchrig. Ich hatte Bedenken, ob eine so locker gestrickte Jacke wirklich wärmt, denn sie ist fürs schnell-mal-Drüberwerfen am Abend, wenn es kühl wird, gedacht. Aber meine Sorge war unbegründet: Das leichte Lüftchen am Schotterteich gestern Abend hat sie gut abgehalten. Gleichzeitig ist die Jacke sowas von fein und fluffig! Ich habe zum ersten Mal reines Alpaca verstrickt und liebe es: So leicht und null kratzig auf der Haut.

Mit dem englischen Strickmuster bin ich während des Strickens gut zurechtgekommen. Die größte Schwierigkeit bestand am Anfang darin, aus den Angaben der anderen Strickerinnen für Wollgewicht und Stricknadelstärken meinen voraussichtlichen Wollverbrauch zu bestimmen. (Dabei geholfen hat mir eine Lauflängenübersetzung von Stricknetz.) Zur Sicherheit habe ich trotzdem alle noch vorhandenen 10 Knäuel à 50 Gramm pro 100 Meter der gleichen Farb-Partie aus dem Wollgeschäft mitgenommen. Aus dem Rest wird mindestens eine kuschelig-flauschige Haube (Mütze) und/oder Schal entstehen.

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Kapuze mit Maschenstich fast unsichtbar zusammengenäht.

Ich habe bisher Pullis und Jacken immer von unten nach oben gestrickt, aber hier ist es genau umgekehrt: Man beginnt bei der Kapuze und strickt von oben nach unten. Ab dem Halsausschnitt werden in jeder zweiten Reihe zwei Maschen am vorderen Rand aufgenommen, sodass die Jacke nach unten hin sehr weit wird und zwei Zipfel bildet.

Normalerweise achtet man ja darauf, dass sich die Ränder beim glatt-rechts-Stricken nicht einrollen, aber bei dieser Jacke ist das Einrollen Stilelement. Damit auch die Ärmelbündchen und der Saum sich schön einrollen, muss man extrem locker abketteln (abmaschen).

LighthousekeepersWife_Zipfel
Zwei Zipfel

Man kann die Jacke offen tragen, oder sie mit einer Spange, einem Knopf oder Bändern zum Schließen versehen. Aus der Provence habe ich letztes Jahr zwei wunderhübsche handgemachte Keramik-Knöpfe mit Blatt-Struktur von Olivia Uffer mitgebracht: Einer der beiden passt perfekt zu dieser Jacke!

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Keramik-Knopf

So, also alles fertig. Und was ist jetzt das Problem? Sieht doch gut aus?

Das Problem ist, dass mir dieses Zipfelige an mir selbst nicht gefällt. Die Jacke ist mir hinten immer noch zu kurz (da könnte sie gerne noch 10 cm länger sein) und hängt mir vorne mit den Zipfeln zu weit runter.

Also habe ich mir einen schönen Zeitvertreib für laue Sommerabende am Schotterteich gefunden, wenn ich nicht gerade am Alabama Chanin Shirt nähe (für dessen Rückseite mir gerade die Stofffarbe ausgegangen ist): Ich werde die Jacke noch einmal bis zu den Armausschnitten hoch auftrennen und gerade runterstricken, ohne weitere Zunahmen. Ehrlich. Jetzt, wo ich genau weiß, wie ich sie haben möchte, wird die Jacke auch ganz schnell wieder runtergestrickt sein. Mit den großen Nadeln geht das eh sehr flott.

Wäre doch schade, wenn das schöne Teil aus der guten Wolle verstauben müsste?

Man könnte es auch Beschäftigungstherapie nennen. Stricken ist mein Yoga und so… 😉

LighthousekeepersWife_normalKennt Ihr das? Dass ein Strickmuster vorher so toll aussieht, Ihr dann aber nicht so recht zufrieden seid? Nehmt Ihr Euch auch die Zeit, es genau so an Eure Bedürfnisse anzupassen, dass es 100% passt?

Über die feine gelbe Bluse, die auch auf den Bildern zu sehen ist, und über ihre rote Schwester aus bedruckten indischen Stoffen von Karlottapink berichte ich am nächsten Mittwoch. Jetzt muss ich wieder raus, ein bissl mithelfen und zwischendurch Baden gehen. 🙂

Eine schöne Woche Euch allen!

Optis am Schotterteich
Segelkurs am Schotterteich

Das ist drin

  • Anleitung: The lighthouse keeper’s wife von Melissa Schaschwary, um 6,- US$ erworben.
  • Material: „Alpaca“ von Ferner Wolle in Dunkelbraun (Farbe 110), 100% Alpaca, gekauft bei Hirt, Graz.
  • Verbrauch: 260 Gramm (5 Knäuel und ein bissl was)
  • Kosten: ca. 30,- Euro
  • Den Keramik-Knopf hat mir die Textilkünstlerin Olivia Uffer letztes Jahr in der Provence geschenkt.
  • Werkzeug: Rundstricknadel und Nadelspiel Nr. 9, ein Maßband mit Inch- und Zentimeter-Einteilung
  • Arbeitszeit: leider nicht notiert. Einige Abende, Arzt-Wartezeiten und Bahnfahrten.

Änderungen

  • Für die Länge (gemessen ab dem Armausschnitt) habe ich bereits jetzt 17,5 inch (knapp 45 cm) statt der vorgesehenen 13 inch (33 cm) gestrickt, sonst wäre die Jacke schon jetzt viel zu kurz für meinen Geschmack gewesen. Die nächste (finale) Version wird noch länger (21 inch), dafür ohne Zipfel vorne.
  • Die Kapuze könnte etwas länger sein, ich würde beim nächsten Mal 12 statt der angegebenen 10 inch dafür stricken (wird jetzt aber nicht wieder aufgetrennt).
  • Für die Ärmel habe ich statt 14 Maschen nur 5 Maschen unter dem Arm aufgenommen, das war für meine Bedürfnisse weit genug.

Fazit: Ich mag gerade Jacken lieber als zipfelige. An diesem Modell mag ich den Raglan-Ärmelansatz und die Kapuze, und das Zusammenspiel von superleicht und trotzdem warm, das die Alpaka-Wolle hervorbringt.

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18 Kommentare zu „Eine leichte Sommer-Strickjacke: „The lighthouse keeper’s wife““

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  4. Hallo Gabi!

    Die Jacke find ich toll an dir. Aber wenn du dich selbst drin nicht richtig wohlfühlst, würde ich sie an deiner Stelle auch noch mal auftrennen. Ich kenne das, eine Häkeljacke hab ich dreimal fast vollständig aufgetrennt, bis sie so war wie ich sie haben wollte. Es steckt ja viel Arbeit in so einem Teil und auch gar nicht so wenig gute Wolle, da will man schon, dass sich die Materialkosten auszahlen 😉

    Bin schon gespannt auf die Bluse. Das Muster finde ich genial!

    Liebe Grüße, Daniela

    1. Oh, du also auch auftrennen? Das Gute ist nur, dass diese Wolle sich nicht „aushängt“, weil sie so leicht ist. Aber wenn ein schwereres Garn zunächst passt und dann weiter wird *schauder* hab ich auch schon mal gehabt. lg, Gabi

      1. Ja, ich auch auftrennen 😉

        Aushängen ist bei den meisten Kleidungsstücken wirklich unangenehm. Wenn es eine lange, gerade geschnitte Jacke wäre, würds ja noch gehen – hast halt eine richtige Long Jacke 😀

        Wo besorgst du eigentlich deine Wolle? In Graz?

        Liebe Grüße, Daniela

        1. Ich schreibe immer im Abschnitt „Das ist drin“ rein, welche Wolle oder anderes Material ich verwendet habe und wo ich sie gekauft habe. Meistens kaufe ich sie beim Kleinen Rebus oder beim Hirt in Graz, manchmal auch bei Hobbykunst Mia. Ich mag es, wenn ich die Wolle direkt befühlen und die Farben direkt sehen kann. Ich kaufe ganz bewusst keine Wolle im Internet sondern gehe in die kleinen Geschäfte vor Ort, damit mir die Händler erhalten bleiben. lg, Gabi

  5. Ich liebe…also LIIIIIIEEEEEBE!!!!…deine neue Strickjacke! Echt jetzt!
    Die ist super…und genau in solchen Momenten ärgere ich mich, dass ich nicht stricken kann.
    Die Jacke darfst du auf keinen Fall wegpacken. Ok, du darfst sie noch gerade stricken…wenn’s denn sein muss (ich mag auch die Zipfel!) – aber dann ist Schluss! 🙂
    Sie steht dir sehr gut! Besonders die Farbe, aber da bist du ja jetzt eh die Expertin!
    Toll, toll toll….
    So und jetzt geh ich hier weiterlesen, was ich verpasst habe!
    Liebe Grüße
    Charlie

    1. Hi Charlie, wie schööön, dass Du wieder aktiv bist! Vielleicht müssen wir Dich mal ausmessen und ich strick Dir was. 🙂
      Die Farbe habe ich natürlich bewusst so ausgewählt, dass sie zu meinem Farbschema passt. (Ich bin in letzter Zeit schon ein bisschen besessen von diesem Farb-Thema…). Dank Dir für die Komplimente!

  6. Manchmal sind die idealisierten Pläne im Kopf hinderlich für ein faires reales Urteil.
    Ich finde, die Jacke ist Dir gelungen.
    Als Verschluss für solche neutralen Kleidungstücke eignen sich auch Broschen.
    Viel Spass beim Reverse-Nadeln, ich bereite auch gerade so was vor für unterwegs.
    LG Ute

    1. Hallo Ute, das hast du gut erkannt: Ich habe vor, den Knopf mit einer Nadel zur Brosche zu verwandeln. Danke für Deine Einschätzung. Bin gespannt auf Deine Nadelarbeit. Genäht, gestrickt, gehäkelt oder gestickt? Liebe Grüße, Gabi

  7. Es ist genau das was ich am Stricken liebe. Fast fertig – probieren – auftrennen. Das mach ich immer so. Ich mag die Jacke so wie sie ist an dir – aber was solls. Du hast eine Passform im Kopf – du kriegst das hin! Die Blusenfarbe und das Knöpflein passen so hervorragend zu der Jacke! Wünsch dir dass sie so wird wie du sie magst.

    1. Liebe Eva, also lieben tue ich das Auftrennen nicht unbedingt, weil mir ist schon ein bisschen leid um die viele Arbeit, die bereits drinnen steckt. Ich schließe auch gerne mal was ab. Aber es hilft eh nix, und ich glaube, ich verstehe was du meinst: Die Flexibilität ist wunderbar am Stricken, dass man das aufgetrennte Garn wiederverwenden kann, während es beim Nähen schon mal passieren kann, dass ein Stöffchen wirklich verschnitten und nicht mehr richtig zu gebrauchen ist. (Außer man betreibt Upcycling und verwendet jedes noch so kleine Fitzelchen.) Lieber wäre es mir allerdings ehrlich gesagt schon, wenn ich schon vorher wüsste, wie es werden soll, und dass ich es so mag und nicht auftrennen muss.
      Danke für die guten Wünsche, ich bin mir ganz sicher, dass die Jacke im Endeffekt gut wird. Liebe Grüße, Gabi

  8. Liebe urlaubende Gabi! Ich habe mich noch nie an von oben gestrickte Oberteile gewagt…
    Dein Jäckchen ist genau das Richtige für die Sommerabende. Und dass die Zipfel weg müssen kann ich verstehen, mag ich auch nicht. Ich habe mir auch mal ein Jäckchen das nicht passen wollte gestrickt, allerdings aus Mohairgarn. Das hätte ich am liebsten auch wieder aufgeribbelt, das war aber unmöglich. Da ist Alpaka viel besser und schöner!
    Auf die gelbe Bluse bin ich schon gespannt und ich werde mich jetzt doch mal an ein Stricken von oben wagen. Gibts da was auf Deutsch?
    Segelt gut und immer genug Wasser unterm Kiel!
    Ines

    1. Liebe noch-nicht-urlaubende Ines, von oben gestrickte Oberteile sind eigentlich ganz simpel. Ich war nur zu Beginn der Strickanleitung etwas verwirrt. Versuch es doch einmal! Diese Anleitung gibt’s nicht auf Deutsch (und von anderen, die oben beginnen, weiß ich jetzt nichts), aber eine andere Freundin hat mich ebenfalls schon danach gefragt, also vielleicht übersetze ich diese Anleitung einfach. (Und frage die Autorin, ob sie eine Übersetzung ebenfalls gebrauchen kann.) Mohair wieder aufribbeln… brrr. Das kann ich mir vorstellen, dass man da relativ chancenlos ist.
      Den Schnitt der gelben Bluse kennst du sehr gut, so viel kann ich Dir schon verraten. 😉 Ich brauche – wie Du – mehr als ein Exemplar davon!
      Danke, ich segle ja nicht, dieser Tage, oder höchstens in einer kleinen Jolle, die Kinder hingegen ausgiebig! Schöne Tage, Gabi

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