Eine Braukessel-Hülle nähen

Jetzt hat sogar den Mann das Näh-Virus erwischt! Ist bei weitem nicht so ansteckend wie das aktuelle Corona, auch die Inkubationszeit war wesentlich länger (rund 5 Jahre, seitdem ich wieder regelmäßiger nähe), aber jetzt ist es so weit: Auch mein Mann sitzt an der Maschine.

Wer hier regelmäßig mitliest, weiß, dass eine liebe Freundin von mir ca. ein Mal im Monat ein feines privates Nähtreffen am Sonntagnachmittag bei sich zu Hause organisiert. Gemütlicher Nähnachmittag, gemeinsames Abendessen, mit klassischer Rollenteilung (oder nicht so klassisch?): Die Frauen nähen, die Männer brauen Bier auf der Terrasse und sorgen fürs Abendbrot, oft mit großen Stücken Pulled Pork oder selbst gebackenem Brot. „Die Männer“, das sind Heikes Mann Matthias und mein Mann Gerhard, der als Matthias‘ Braugehilfe fungiert, weil das Bierbrauen „so eine schöne, sinnstiftende Tätigkeit“ ist, wie er sagt.

Zur Optimierung des Brauvorgangs hat sich Gerhard zu Weihnachten selbst einen Braukessel geschenkt: Mit zwei Braukesseln dauert es rund eineinhalb Stunden kürzer. Und damit so ein Braukessel (der ja ein großer Edelstahltopf mit Henkeln ist) die Wärme besser hält, ist ein isolierendes Mäntelchen praktisch.

Isolierendes Thermolam zwischen zwei Lagen Stoff gelegt,
mit einem großen Lineal die Punkte zum Quilten markiert.

Nun: Wenn man(n) mit einem Näh-Nerd wie mir zusammenlebt, schnappt man(n) so Einiges auf. Unter anderem, dass es isolierende Vliese wie Thermolam gibt, die sich nicht nur für Topflappen, sondern auch zur Wärmedämmung eines Braukessels eignen. Der dunkelblaue Baumwollstoff, in den das Thermolam eingeschlagen ist, stammt zufällig von einem Stofftausch bei ebenjenem Nähtreffen. Dazu einige Meter Schrägband und los geht’s!

Gerhard wollte das Sandwich aus Stoff und Thermolam nicht diagonal mit der Maschine quilten (wie ich vorgeschlagen hatte), sondern die Schichten nur punktuell fixieren, um die Isolationsfähigkeit möglichst zu erhalten. Das hat er auch durchgezogen, die doch recht vielen Punkte zum Quilten markiert und sich an die Arbeit gemacht: Ein, zwei Stiche und ein Knoten pro Punkt.

Das Stoffsandwich hat er durch viele einzelne Knoten fixiert.

Dann hat er erst rundherum zur Fixierung abgesteppt, und danach Schrägband aufgenäht zur Versäuberung der Kanten.

Die Ränder absteppen.

Das Annähen des Schrägbandes war bei den vielen Ecken durchaus ein bisschen knifflig, finde ich. Aber Gerhard hat das unerschrocken gemeistert.

Detail: Ausschnitte mit Klettverschluss rund um Thermometer und Auslass.

Vom Entwurf über das Abmessen und das komplette Nähen hat Gerhard, der zum ersten Mal (!) an der Nähmaschine saß, alles selbst gemacht. Ich bin nur ein bisschen beratend zur Seite gestanden.

Detail: Ausschnitt rund um die Henkel

Hm. Wieso klingt das jetzt in meinen eigenen Ohren so erstaunt, wenn nicht sogar herablassend? Es gibt ja eigentlich keinen vernünftigen Grund, warum ein erwachsener Mensch (der auch begeisterter Elektro-Bastler ist) nicht absolut in der Lage sein sollte, Stoff maßgerecht zuzuschneiden und eine Nähmaschine zu bedienen. Nähen ist schließlich keine Raketenwissenschaft!

Vielleicht liegt es daran, dass in meinem näheren Umfeld KEIN Mann näht. (Außer vielleicht du inzwischen, Matthias in Innsbruck?) Ich habe es einfach cool gefunden, wie unerschrocken Gerhard sich an die Maschine gesetzt und losgenäht hat, nach dem Motto: „Wie schwer kann das sein?“

Jedenfalls kann er auf sein erstes Nähprojekt wirklich stolz sein, finde ich. Die Hülle kleidet den Braukessel ausgezeichnet. Sie hatte am letzten Wochenende bereits ihren ersten erfolgreichen Einsatz.

Oben Matthias‘ Kessel mit einer Schaumstoff-Thermo-Hülle.

Muss ich jetzt öfter meine Nähmaschine teilen? Noch ist die Gefahr nicht sehr groß. Aber bald darf ich auch mal wieder was für ihn nähen: Ein Hemden- und ein Jackenschnitt liegen bereit.

Wie sieht es bei Dir aus? Setz sich Dein Partner/Deine Partnerin auch manchmal an die Nähmaschine oder überlässt er/sie das Nähen ganz Dir? Musst Du die Nähmaschine/n teilen oder hat Partner/in seine/ihre eigene? Bin gespannt auf Deine Erfahrungen!

Das ist drin

  • Schnitt: selbst entworfen nach den Maßen des Braukessels.
  • Material: dunkelblauer Baumwollstoff von einem Stofftausch; Thermolam (isolierendes Vlies); einige Meter Schrägband; ein Stück Klettverschluss; etwas dunkelblaues Nähgarn.
  • Kosten: Thermolam ca. 5,- Euro für 90×110 cm. Ca. 2,50 fürs Schrägband. Die restlichen Zutaten stammten aus meinen Vorräten.
  • Werkzeug: Quiltlineal zum Anzeichnen; Stoffschere; Nähnadeln; Nähmaschine
  • Arbeitszeit: drei Abende
  • Fazit: Männer an die Nähmaschinen! 🙂

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(Kennt eigentlich jemand eine aktuelle Linkparty „für den Mann“?)

15 Kommentare zu „Eine Braukessel-Hülle nähen“

  1. Hi Gabi,
    da wollte ich schon längst mal kommentieren. Voll super!!! Das wäre jetzt nämlich auch nicht gerade das, was ich mir als Einstiegsprojekt ausgesucht hätte, schaut ganz schön gefinkelt aus. Matthias (der aus Innsbruck 😀 ) meinte, das habe er schon hinter sich mit dem Nähen, das habe er in seiner Jugend gemacht, aber vielleicht bring ich ihn ja jetzt in der Ausgangssperre, die wir hier in Tirol haben, wieder dazu 😉 … wobei, genau, da müsste ich dann wohl auch löten lernen im Austausch. 😀
    Liebe Grüße an Hti und die Kids 🙂
    Uschi (und Matthias)

    1. Hey Uschi, schön dass Du Dich meldest! Hah, lag ich also gar nicht so falsch mit meiner Vermutung, dass der Matthias einer sein könnte, der auch näht. Ein gemeinsames Näh-Löt-Projekt steht bei uns jetzt vielleicht Ende des Monats bei den Stoffspielereien an zum Thema „Draht und Stoff“. Hui, das ist ja gar nicht mehr so lange hin, da muss ich schön langsam mit der Planung in die Gänge kommen. Und hoffen, dass wir alle Zutaten fürs Projekt zu Hause haben, weil Einkaufen ist ja derzeit nicht… Liebe Grüße zurück! Haltet die Ohren steif und bleibts gesund!

  2. Ein gelungenes Gemeinschaftsprojekt (und die von G. genähte Hülle ist ja viel Schöner als die gekaufte)!
    Meine Männer spalten sich in zwei Feinmotoriker (das sind die, die schon an der Nähmaschine saßen) und drei Grobmotoriker. Einer davon meinte vorhin, er könne nicht einmal eine Stecknadel halten. und jetzt verzweifelt er gerade an der Verkabelung seines Mopeds…. ( da muss dann der Papa ran).
    Liebe Grüße
    Ines

    1. Jeder das, was er am besten kann, nicht wahr? Die Braukesselhülle tut ihren Dienst, der Gerhard freut sich, und hübsch ist sie auch noch. Nur das Brauen fällt in den kommenden Wochen aus. Aber Hauptsache, wir bleiben alle gesund. Passt auf Euch auf! Liebe Grüße, Gabi

  3. Liebe Gabi,
    das ist ja ein tolles Projekt. Das mit dem Schrägband hat er super hinbekommen, da wäre ich bei den vielen Ecken irgendwann verzweifelt.
    Bei uns nähe eigentlich nur ich. Meine 10-Jährige kommt so langsam auf die Idee, dass sie auch mal mitmachen möchte, aber Schatzi lässt sich noch nicht mal benähen.
    Liebe Grüße
    Marietta

    1. Ich habe auch gut gefunden, wie er sich tapfer und sehr geduldig Stich für Stich weitergearbeitet hat. Also ich bin nicht die ganze Zeit neben im gestanden, aber er hat kein einziges Mal geflucht (das hätte ich gehört), und das ist häufig GANZ anders, wenn er am Computer sitzt und was programmieren muss. Ist immer wieder zu beobachten, wie viel Durchhaltevermögen man entwickelt, wenn man etwas wirklich will. Schaun ma mal, was das nächste Projekt ist, das er wirklich machen will. 😉 Liebe Grüße, Gabi

  4. Was für ein wunderbares und sinnvolles Gemeinschaftsprojekt, ich finde es großartig wenn man sich so gut unterstützen kann.
    Und du hast dann ja auch richtig was davon wenn du was vom Gebräu abbekommst 🙂

    1. Ja, Gemeinschaftsprojekte sind toll (wenn man sich gut versteht und nicht dauernd zum Streiten kommt…). Dein Gemeinschaftsprojekt „Brotkorb stricken“ mit der Unterstützung Deines Sohnes für die Holzböden fand ich auch ganz toll, vor allem das Video dazu! Ende des Monats, zu den Stoffspielereien „Stoff und Draht“ wird es voraussichtlich die nächste Kooperation von Göttergatte und mir geben! Lasst Euch überraschen! 🙂 Liebe Grüße, Gabi

  5. Du hattest den Kessel ja schon gezeigt und meine Begeisterung kann ich nur wiederholen. Außer, dass der Beruf des Schneiders fast immer männlich früher besetzt war, ( die einfachere sogenannte Näherin dagegen weiblich) ist mir da jetzt nicht viel zu eingefallen. Also, ob nun auch Männer nähen.
    Ich würde auch sagen, Dein Mann ist ein Naturtalent, Gratulation und wunderbar, wie er sein erstes Werk gemeistert hat. Und Du bist offensichtlich eine gute Lehrerin.☺
    Ganz liebe Grüße
    Nina

    1. Sooo viel Unterschied ist eigentlich nicht zwischen einer Tischkreissäge und einer Nähmaschine, oder? In beiden Fällen muss man das zu bearbeitende Gut (Holz bzw. Stoff) gleichmäßig und möglichst gerade durch die Maschine führen. 🙂 Stimmt, ein oder zwei Herrenschneider kenne ich auch entfernt. Dein Mann näht nicht? Liebe Grüße, Gabi

  6. Liebe Gabi, da kann man nur staunen und loben: Dein Mann hat sehr gut bei dir aufgepasst und ist dem Ergebnis nach auch noch talentiert. Das hat er wirklich sehr gut umgesetzt. Da kommt bestimmt noch einiges, vorausgesetzt der Wunsch ist so stark wie bei der Braukesselhülle. Ich darf meine NäMa alleine benutzen und sehe auch keine Gefahr, dass sich daran was ändert.
    LG eSTe

    1. Liebe eSTe, ich denke auch, dass die Stärke des Nähwunsches oder die Stärke des Bedarfs an einem weiteren maßgefertigten Ding ausschlaggebend sein wird, ob er sich wieder mal an die Maschine setzt. Halt! Da fällt mir gerade ein, dass ich doch EINEN kenne, der sich letztes Jahr eine neue Büro-Laptop-Umhängetasche in einem Kurs selbst genäht hat. Das wäre beim Göttergatten auch bald mal nötig, vielleicht ist das ein Anreiz? Ich teile meine Nähmaschine für so ein Projekt gerne, hab ja auch noch was zu häkeln, stricken und sticken, insofern bin ich flexibel! Liebe Grüße, Gabi

  7. Liebe Gabi, herzlichen Glückwunsch zu diesem tollen Ergebnis, ähem, nähendem Ehemann ;o) Sieht richtig gut aus, das Mäntelchen für den Kessel! Hier hat tatsächlich der Mann vor hmmundrölfzig Jahren bereits genäht, ein Zelt z.B. Das gibt es aber nicht mehr… Er bietet aber regelmäßig seine Dienste an, wenn irgendwo was knifflig wird oder kaputt geht: Soll ich das machen, gib mal her…
    Ist doch schön, wenn es so gut zusammen passt ;o)
    Ganz liebe Grüße an Dich und Deinen Gerhard
    Katrin

    1. Und WIE schön das ist, wenn wir so zusammenpassen. Jetzt muss nur noch ich das Löten für mich entdecken, dabei könnte er wiederum mich ganz gut anleiten. Hmmm… „Stoff und Draht“ bei den Stoffspielereien Ende März: Vielleicht muss ich was löten? Liebe Grüße, Gabi

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