Stricktuch „Brickless“ in Herbstfarben

Zackig in braun-orange

Aus einem „Frustkauf“ in Graz und einer Anleitung aus Berlin entstand ein Tuch in Lieblingsfarben.

Im letzten Herbst: Der Sohn sollte von einer Klassenreise zurückkommen, aber der Bus war eineinhalb Stunden verspätet. So starteten die Tochter und ich (das Empfangskommittee) einen Spaziergang durchs Grazer Lend-Viertel. Es hat sich in den letzten 10 Jahren zum hippen Künstlerviertel entwickelt: sehr viele kleine Geschäfte mit Kunsthandwerk und Mode, und einige sehr beliebte Lokale befinden sich dort. Für die Tochter wollten wir (zum Trost für die Warterei) eine Kugel vom besten Eis in Graz besorgen und für mich ein Knäuel schöne Wolle.

Bei ihrem Besuch in Graz letztes Jahr fiel meiner Freundin Ines auf, was mir ganz selbstverständlich ist: Dass wir in der Grazer Innenstadt sehr viele kleine, spezialisierte und attraktive Läden haben (Einzelhandel), wo in deutschen Innenstädten sich häufig die Dönerbude an den Ein-Euroshop und den Second-Hand-Handyladen reiht. Deshalb macht Spazierengehen und Auslagen-Schauen in Graz auch Spaß.

Und ganz absichtlich kaufe ich alle meine Wolle und rund 90% meines Nähbedarfs in den Läden hier vor Ort. Nur Spezialsachen, die ich vor Ort wirklich nicht bekomme und auch nicht über den Laden bestellen lassen kann, bestelle ich online. Auch bei den Stoffen aber vor allem bei der Wolle ist es mir sehr wichtig, dass ich sie anfassen kann. Schade, dass nicht alle unsere lokalen Geschäfte auch bio- und fairtrade-zertifizierte Ware führen, aber darauf kann ich ja als Konsumentin und Stammkundin durch beständiges Nachfragen nach diesem oder jenem Produkt ein bisschen Einfluss nehmen. 😉

So betraten wir (die Tochter und ich) also zum wiederholten Mal die Maschenwerkstatt, wo Viktoria und Magdalena andauernd so tolle Tücher stricken und im Geschäft verlockend aushängen. Animiert ganz hervorragend zum Nachstricken. Und die Wolle mit dem wunderschönen Farbverlauf in Braun und Orange passt großartig in mein Farbkonzept der Herbstfarben, also kam sie mit nach Hause. (Selbst ausgesucht, selbst bezahlt.)

Die Anleitung stammt von Martina Behm und heißt „Brickless“ (ohne Ziegel).

Das Tuch ist asymmetrisch angelegt: Auf der einen Seite wird in jeder Reihe (also am Ende der einen und dann gleich wieder am Beginn der nächsten Reihe) eine Masche zugenommen, auf der anderen Seite werden jeweils am Ende eines Musterblocks ein paar Maschen abgekettet: Dadurch wird die eine Seite des Tuchs gleichmäßig schräg, die andere Seite ungleichmäßig gestuft, und das Tuch immer breiter. Das Muster besteht aus drei einfachen Böcken im Wechsel: kraus rechts, Rippenmuster und ein einfaches Lochmuster. Weil man sich nicht groß auf kompliziertes Zählen konzentrieren muss, ist das Stricken sehr entspannend.

In der Anleitung ist eigentlich die doppelte Menge Wolle (200 Gramm) vorgesehen, das würde ein richtig großes Tuch ergeben. Ich wollte genau das eine gekaufte Knäuel (100 Gramm) verstricken und habe es so weit ausgereizt, dass die Wolle genau bis zur Hälfte der allerletzten Reihe reichte, in der ich abgekettet habe. Da ich nicht die ganze Reihe und die vorhergehende auftrennen wollte, habe ich einfach die letzten paar Maschen mit einem noch vorrätigen Rest brauner Wolle von der Leuchtturm-Jacke abgekettet. (Fällt gar nicht auf, wenn man nicht mit der Nase drauf gestoßen wird, dass da noch eine andere Wolle ins Spiel kam.)

Die Anleitung sagt, dass man das das Tuch am Ende unbedingt spannen muss, und hier seht ihr auch warum: Nach dem Stricken wirkt es durch das Rippenmuster ganz verzogen und zerknautscht. Da ich selten Tücher stricke und spanne, war ich etwas ratlos, wie ich bei dem schrägen Stück beginnen soll. Ich habe mich dann Musterblock für Musterblock vorgearbeitet, das feuchte Tuch mit Stecknadeln gespannt und darauf geachtet, dass die Seite mit den Zunahme halbwegs gerade zu liegen kommt.

Sehr gut als Untergrund zum Spannen eignen sich Puzzlematten aus Schaumstoff (Kinderspielzeug, den Tipp habe ich mal bei Steffi von Feierabendfrickeleien gesehen), weil man sie so flexibel zusammenfügen kann: Egal welche Form das Ding entwickelt, kann ich während des Spannens die Unterlage flexibel anpassen. Ich hatte noch ein Set Matten von meinen Kindern übrig, und habe ein zweites Set über eine Second-Hand-Plattform erworben.

Jedenfalls war ich überrascht, wie groß das Tuch im feuchten und gespannten Zustand plötzlich doch geworden ist.

Mit dem Tuch am Zeller See.

Ich mag das Tuch richtig gern und trage es derzeit viel.

Was habt ihr so auf den Nadeln?

Das ist drin

  • Anleitung: Tuch Brickless von Martina Behm, selbst gekauft bei Ravelry um € 4,60
  • Änderungen: 100 Gramm statt wie vorgesehen 200 Gramm verstrickt.
  • Material: Schöppel Zauberball 100, Farbe 2247 – „Für Louise“. 200 Meter/100 g, für Nadelstärke 2-3; 100% Schurwolle (Merino superwash) mit extra langen Farbverläufen.
  • gekauft bei: Maschenwerkstatt in Graz (nicht gesponsert, sondern selbst ausgesucht und bezahlt)
  • Werkzeug: lange Stricknadeln Nr. 3
  • Arbeitszeit: einige Stunden Entspannung beim Stricken ohne Zeitaufzeichnung
  • Fazit: Mit mehr Wolle wirkt das Tuch sicher nochmal besser. Mit nur 100 Gramm, wie ich es mir ausgesucht habe, finde ich es fast ein bisschen klein bzw. schmal. (Vielleicht strick ich noch was dran.)

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23 Kommentare zu „Stricktuch „Brickless“ in Herbstfarben“

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  3. Liebe Gabi, die Farben sehen toll aus und ich fühle einen Hauch von Indian summer. Ich lerne bei dir immer sehr viel über Strickwaren und das mit dem Spannen finde ich sehr spannend, ich werde morgen mal nachgucken welche chemischen Strukturen dazu führen. Das Strickwerk an sich finde ich einfach nur schön! Liebe Grüße Ingrid

    1. Chemische Strukturen!? Äh, darüber habe ich wirklich noch nie nachgedacht. Aber spannend. Denn es ist ja auch so, wenn man alte Strickstücke wieder auftrennt und die Wolle so ganz „kruselig“ ist, weil sie sich die geschwungene Struktur der Maschen gemerkt hat, dann kann man sie zum Beispiel über einen Kleiderbügel wickeln, befeuchten und wieder trocknen lassen, und sie wird wieder glatt. Das ist eigentlich dasselbe Prinzip, oder? lg, Gabi

  4. So ein wunderschönes Tuch, liebe Gabi!! Ich mag die Farben, das Muster – einfach alles und zur hellen jErika sieht es wirklich klasse aus! Die Schoppel-Wolle mag ich auch (Baden-Württembergische Wolle), ich habe da die Decke für meinen zweiten Sohn daraus gestrickt und ein Pulli liegt seit Jahren… Tücher stricke ich auch sehr gerne, grad zwei paralell. Und ja, spannen ist immer eine gute Sache, ich will mich auch immer davor drücken.. Bei Dir hat es sich auf jeden Fall gelohnt.
    Liebe Grüße
    Ines

    1. Danke Dir, Du Liebe! Ach, die Decke war aus Wolle von Schöppel? Du hattest geschrieben, dass du sie von einer regionalen Firma und sogar nachhaltig aus der Region bezogen hattest, nicht wahr? Pulli… Jetzt stricke ich zuerst noch ein paar Mützen und Socken, und dann kommt endlich die wieder aufgedröselte braune Alpaka-Wolle an die Reihe. So der Plan. Wenn ich jetzt dann vielleicht wieder mehr Zeit zum Stricken habe. Tücher habe ich bisher nie gestrickt, aber mit den drei Häkeltüchern im letzten Jahr hat der Virus sozusagen begonnen, mich zu packen. Eigentlich ist das Spannen ja nicht sooo ein Aufwand, und das Ergebnis lohnt auf jeden Fall! lg, Gabi

  5. Oh, das Tuch ist toll und tatsächlich: Spannen macht Sinn, sehe ich jetzt auch so. Danke für den Tipp mit der Puzzlematte, sollte ich mit meiner Strickmaschine mal zurande kommen werde ich ja um solche Tätigkeiten auch nicht drumherum kommen! LG aus Hamburg, Tanja

  6. Ein schönes Tuch! Ich stricke auch schon ein Weilchen die Tücher von Martina Behm. Obwohl ich inzwischen sehr grosse Tücher mag (zB Designs von Stephen West), hat mir bei den Tüchern von Martina Behm immer gefallen, dass man nur ein Knäuel benötigt. Mit Option auf Vergrösserung. Und ihre Designs sind immer ausgeklügelt und speziell.
    Liebe Grüsse Milena

  7. Liebe Gabi,

    das Tuch ist wirklich schön und vor allem ein wirklicher Farbverlauf zu sehen und kein plötzlicher Wechsel. Vom Spannen der Stricktücher lese ich jetzt zum zweiten Mal in kürzester Zeit. Muss wohl doch was dran sein. Bei meinem letzten Tuch war es nicht nötig, aber ich werd es mir merken.

    LG Mareike

    1. Liebe Mareike, gerade bei diesem Muster gewinnt das Tuch enorm, weil ja das Rippenmuster (häufig für Bündchen bei Socken oder Mützen verwendet) sich normalerweise ordentlich zusammenzieht. Durchs kräftige Spannen bekommt man das ordentlich glatt, das Tuch wirkt ein Vielfaches größer, und auch das Lochmuster kommt erst so richtig schön raus. Zu Spannen begonnen habe ich glaube ich bei den Kraken Shawls letztes Jahr. Für Tücher lohnt es sich jedenfalls! lg, Gabi

  8. Hallo Gabi, ganz klasse ist dieses Tuch geworden. Sowohl die Farbe als auch die abwechselnden Mustersätze machen sich sehr gut. Ich hab ja auch schon einige Tücher und Schals gestrickt und mir immer das Spannen gespart. Hätte ich nicht tun sollen, denn wie ich sehe, sieht es gespannt sehr viel besser aus.
    Vielen Dank für deinen Kommentar bei mir, in der Tat hab ich schon ein Nadelbriefchen fertig und „die Meerjungfrau“ für die 5. KW vorgearbeitet. Hin und wieder gönn ich mir das Vergnügen.
    LG eSTe

    1. Liebe eSTe, ich habe bisher noch eher selten Tücher genäht, aber beim Maschenproben-Kurs von Maschenfein (hab ich mir mal als Video gegönnt), hat die sehr darauf bestanden, dass man die Maschenproben auch vorab befeuchtet und spannt. So bin ich eigentlich erst so richtig aufs (Strickstücke)Spannen gekommen! All die Jacken und Socken und Zeugs, das ich als Jugendliche gestrickt habe, habe ich natürlich nie gespannt. Aber gerade das Rippenmuster zieht sich ja normalerweise ordentlich zusammen (weshalb es auch für Bündchen verwendet wird), aber genau das will ich hier ja nicht. Deshalb macht das Spannen doppelt Sinn. lg, Gabi

    1. Netter Versuch, liebe Christiane. 😀 Aber ich glaube, ich brauche diesen Winter lieber noch ein oder auch zwei Paar Zehensocken, zur Abwechslung in meinen Flip-Flops. lg, Gabi

  9. Liebe Gabi, das ist wirklich ein wunderschönes Tuch geworden und ich bin überrascht, wie groß es doch ist obwohl ja quasi nur das halbe Tuch gestrickt wurde… .Mit dem Spannen .wäre ich auch überfordert, aber die Mattem tun ja anscheinend ihren Zweck ;o)
    Im Moment habe ich noch ein Stirnband auf den Nadeln, diesmal in grau und für meine Ohren bestimmt… Siehts Du, das könnte ich mal fertig machen, fehlt nicht mehr viel und muss dann ja nur zusammengenäht werden. Danke für den Anstubser und bis bald wieder, liebe Grüße an Dich von Katrin

    1. Liebe Katrin, da hast Du Recht: Es ist ziemlich groß, aber eigentlich vor allem lang. Ich hätte es eigentlich lieber ein bisschen weniger oft um den Hals geschlungen und dafür vorne breiter. Aber ich lass das jetzt einfach mal so. (Ich habe schon genug andere Strickprojekte dann wieder aufgetrennt – das darf einfach mal so bleiben.) Anstupser immer gerne, jetzt muss ich auch wieder mal bei Dir reinlinsen! lg, Gabi

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