{Nadelbrief} Woche 6: Rapunzel

Blonder Zopf

Ein Turm, ein dicker blonder Zopf, was Grünes: Das tauchte beim Thema Rapunzel vor meinem inneren Auge auf. Daraus entwickelte sich ein erster Versuch im „Nähmalen“ und Freihand-Maschinensticken.

Vor dem Freihandsticken und Freihandquilten mit der Nähmaschine habe ich großen Respekt, weil (noch) wenig Übung darin. Perfekt also, um es auf einem kleinen Probestück wie dem Nadelbriefchen (10×20 cm) auszuprobieren!

Die detaillierte Anleitung für das Blumenbild „First Flowers“ von Nancy Prince hatte ich schon vor drei Jahren abgespeichert, aber noch nie ausprobiert. Die schriftliche Anleitung ist bereits sehr anschaulich, zusätzlich gibt es ein zwölfminütiges Video, in dem Nancy genau demonstriert, wie sie die Grashalme, die Erde und die Blümchen stickt.

First Flowers – ich freue mich auf den Frühling!

„First Flowers“ war übrigens auch der Grund, warum ich mir damals 100 Farben Nähgarn in einem Schwung zugelegt habe: Wie bei einem riesigen Buntstiftkasten wollte ich eine große Farbpalette zur Verfügung haben, mit der ich mich in Schattierungen austoben kann. Leider habe ich mich damals für günstiges Nähgarn minderer Qualität entschieden. In der Overlock kann ich diese Garne nicht verwenden, da reißen sie immer sofort, aber für so ein kleines Projekterl wie die Blümchen sind sie gut geeignet.

Meine beiden Garnkoffer

Bei diesem Nadelbriefchen habe ich zum ersten Mal Soluvlies ausprobiert, ein dünnes Stickvlies, das sich im Wasser auflöst. Das Sandwich zum Sticken bestand nämlich aus drei Ebenen: Zuunterst eine Schicht vom Stickvlies „Stitch ’n‘ Tear“, das verhindert, dass sich der Oberstoff beim Besticken verzieht. Dann der hellblaue Hintergrundstoff und als oberste Schicht das Soluvlies, auf das ich das Muster mit einem ebenfalls wasserlöslichen Stift durchgepaust hatte. (Dazwischen noch ein grauer Stoff für die Mauer.) Nach dem Sticken kann man das Soluvlies in lauwarmem Wasser (etwas Weichspüler darf sein) einfach abrubbeln – und das ist schon eine sehr coole Sache!

Die erste Schicht Soluvlies, noch unbestickt

An den Steinen des Turms habe ich das Freihandmalen geübt. Zum Glück dürfen (nein müssen) die Linien ein wenig krakelig sein. Das gehört bei diesem Stil so. 😉

Und die Blümchens klappten mit Hilfe der Videoanleitung (die ich mehrmals angeschaut habe) auch überraschend gut. Also WIRKLICH für mich überraschend. Dafür habe ich die Blümchen auf eine weitere Schicht Soluvlies vorzgezeichnet.

Knapp vier Stunden habe ich an dem kleinen Dingens gearbeitet, davon rund drei gestickt. Aber die Zeit ist wie im Flug vergangen, von Blümchen zu Blümchen. Zum Schluss hatte ich schon ein bisschen mehr Gefühl für die Koordination meiner Hände mit dem Stickrahmen unter der Nadel.

Vier Sachen haben allerdings genervt, die mit meiner Nähmaschine tun haben:

  1. Mein durchsichtiges Kunststoff-Stickfüßchen verdeckt zu viel von den Linien der Vorlage: Ich werde ein anderes besorgen, am besten ein offener Ring, für freie Sicht aufs Stickgut!
  2. Zuerst hatte ich den Stoff in einen großen Rahmen eingespannt, in dem das ganze Motiv Platz gehabt hätte. Aber der Durchlass meiner Nähmaschine ist zu klein für den großen Rahmen. Ich musste daher auf einen kleineren Stickrahmen umsteigen, und das wiederum nervte in Kombination mit dem nächsten Punkt:
  3. Selbst wenn ich den Nähfüßchen-Halter komplett abmontiere und die Nadelstellung ganz nach oben gebe, passt der Stickrahmen gerade mal so unter dem Füßchenhalter durch. D.h. bei jedem Wechsel der Position des Stickrahmens musste ich erst das gesamte Nähfüßchen abmontieren und wieder festschrauben.
  4. Und schließlich wäre für solche Projekte ein Nähtisch zum Anschieben gut, oder die Möglichkeit, die Nähmaschine in der Tischplatte zu versenken, damit man mehr plane Auflagefläche für den Stickrahmen hat als auf meiner doch relativ schmalen Freiarm-Maschine.

 

Fazit: Kommt Zeit, kommt sicher eine größere Nähmaschine ins Haus, Quilting Edition!

Innen im Nadelbriefchen gibt es eine Mauer die den Zugang zum Garten der Zauberin versperrt. Noch einmal Gelegenheit zum Üben der Mauer: Ich bin mir vorgekommen wie eine Erstklässlerin, die ihre ersten Buchstaben malt und versucht, Papier und Bleistift unter Kontrolle zu bekommen. So ähnlich hat das auch einmal eine der Modern Cologne Quilterinnen beschrieben, die daraufhin ein „Übungsheft“ für ihre „Quilt-Schreibübungen“ angelegt hat.

Wenn man hinter die Mauer blickt, entdeckt man Rapunzel zum Pflücken.

Die Haare schließlich sind ein Strang „Kunstseide“ (Anchor Marlitt Stickgarn, Nr. 1078, reine Viskose), die ich mal mit einem Konvolut alter Stickgarn-Reste auf einem Flohmarkt erstanden habe. Sein goldiger Glanz hat den Strang sofort für Haare vorherbestimmt!

Wie gefällt euch meine „Rapunzel“? Ich mag es sehr, und bin stolz, dass mein erster Versuch im Nähmalen doch ganz gut geworden ist.

Es geht also weiter mit den Nadelbriefchen: Am kommenden Wochenende steht Schneewittchen auf dem Programm, Ihr dürft gespannt sein!

Schaut unbedingt rüber zu Susannes Linkparty, bei der alle Nadelbriefchen versammelt sind! Sooo tolle Stücke sind da entstanden, ein kreativer Augenschmaus.

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27 Kommentare zu „{Nadelbrief} Woche 6: Rapunzel“

  1. Pingback: Nähfuß-Reportage Teil 3 - made with Blümchen

  2. Liebe Gabi,
    sehr schön hast Du diese Malerei mit der Nadel hinbekommen. Es sieht toll aus. Auch die Mauer und der Zopf. Klasse.
    Auch innen, der Rapunzelgareten gefällt mir sehr.
    Liebe Grüße
    Monika

    1. Liebe Babsi, der Sinn hinter den Nadelbriefchen ist die damit verbundene wöchentliche kreative Fingerübung! Kein Mensch (oder zumindest nicht ich) braucht 52 Nadelbriefchen. Aber ich nutze die wöchentlichen kreative Anregung durch das Thema sehr, sehr gerne. Und das Nadelbriefchen hat ein kleines Format, das gut zu bewältigen ist, und muss nicht unbedingt nur verstauben. Ich könnte sie zum Schluss auch alle verschenken, verkaufen, versonstwas.
      Danke für den Hinweis auf Deinen selbst gebastelten Anschiebetisch! Genial! (Oh, Ninas Upcycling Dienstag und Scharly Klamottes Kopfkino… Die beiden Linkparties gibt es auch schon lange nicht mehr, ich werde ganz nostalgisch….) lg Gabi

  3. Das ist wirklich ganz toll geworden. Besonders die Blümchenwiese gefällt mir sehr!
    Wenn ich den Stickrahmen beim Runterschieben schräg ankippe und den Nähfuß manuell ganz oben halte (ist bei mir höher, als die gehobene, fixierte Position), dann bekomme ich den Rahmen drunter, ohne dass der Nähfuß abgeschraubt werden muss- vielleicht klappt das auch bei dir?
    Mit dem Soluvlies bin ich irgendwie nicht so zurecht gekommen.
    Aber dein Werk macht Lust, es nach langer Zeit wieder zu versuchen!

    Viele Grüße
    Peggy

    1. Hallo Peggy, danke für den Tipp mit dem zusätzlichen manuell oben halten! Aber leider funktioniert es bei mir nicht: Der Stahlstift, auf dem das Füßchen befestigt wird, ist fix montiert, da ruckelt nix. (Ich kann z.B. auch den Füßchendruck nicht einstellen,.) Aber den Stickrahmen schräg ankippen, das versuche ich nächstes Mal! lg, Gabi

  4. Liebe Gabi, wunderscbönnist Deine Rapunzel-interpretation, märchenhaft sozusagen ;o) Den normalen Stickrahmen bekomme ich auch nicht unter den Nähfuß, hab dann mal einfach so mit frei führen genähmalt…. Meins ist es gar nicht, bin aber auch eine faule Liese, weil ich so etwas nicht üben mag…. Mit Soluvlies zu arbeiten hat was, da geb ich Dir absolut Recht!
    Vielen Dank für’s Zeigen, vllt wage ich ja doch noch mal einen Versuch.
    Ganz liebe Grüße aus Franken an Dich von Katrin

    1. Liebe Katrin, man muss ja auch nicht alles immer mögen! Bzw. als nähmalen gerade überall gehyped wurde, wollte ich es auch gar nicht probieren, allein schon aus Protest. 😉 Nur hier fand ich es einfach passend, und solche Impulse zu nutzen, dazu geben die Nadelbriefchen einfach gute Gelegenheit! Die Aktion passt sicher auch nicht für jede, und regelmäßig höre ich: „Was machst du dann am Ende des Jahres mit 52 Nadelbriefen?“ Das weiß ich noch nicht und überlege ich mir, wenn es so weit ist. 😀 lg, Gabi

  5. Das ist ein exquisiter Nadelbrief! Die Freihandstickerei ist besonders herausragend, vor allem, wenn du noch wenig Übung darin hast. Ich versuche das ja auch hin und wieder und habe eine Vorstellung davon, wie schwierig das ist. Das Video will ich mit unbedingt ansehen, damit ich noch dazu lernen kann.
    LG
    Siebensachen

    1. Das Video finde ich wirklich gut, weil sie ganz genau hinfilmt und langsam näht. Leider kann meine Nähmaschine nicht langsam nähen, das ist eigentlich ein weiterer Nachteil. Ich glaube, die neue Nähmaschine wird dieses Jahr bei mir einziehen, ich spüre es genau! 😉 lg, Gabi

  6. Liebe Gabi, toll hast du das beschrieben! In diesem Nadelheftchen hast du so viele Techniken und Ideen verarbeitet, ich staune. Du hast auch eine Menge Geduld bewiesen, allein wenn ich an Punkt 3 deiner „Mängelliste“ denke, krieg ich Schweißausbrüche – Hut ab, dass du das geschafft hast. Wunderschön ist es geworden, dein Rapunzel. Die Zeit hast du sehr gut investiert.
    LG eSTe

  7. Oh wie schön, liebe Gabi! Nun hat dich auch der Nähmal-Virus gepackt! Das macht ja aber auch so viel Freude! Toll ist deine Turmmauer, Blümchen und Zopf geworden! Man erkennt das Märchen sofort! Ganz lieben Dank fürs Dabeibleiben und nun hinein in die Schneewittchenwoche! LG. Susanne

    1. Naja, ob es ein Virus wird weiß ich noch nicht, aber zumindest „fürchte“ ich mich jetzt weniger, und beim nächsten Mal wird mir das Beginnen leichter fallen. Eigentlich hätte ich ja einen Dornenbusch nähmalen sollen (wenn ich beim Märchen geblieben wäre), aber das ist mir erst im Nachhinein eingefallen. Die Aktion macht mir so viel Spaß! Die Chancen stehen gut, dass es wirklich weitere von mir zu sehen gibt! lg, Gabi

    1. Dank Dir, liebe Nina! In meinem Kopf war dieses Sticken mit der Maschine die Riesenhürde, aber als ich’s dann einfach begonnen habe, war’s gar nicht so schlimm. Dafür mag ich die wöchentlichen Nadelbriefchen so gerne! Die Hürde verkleinern und einfach ausprobieren. (Es ist ja nur Stoff.) lg, Gabi

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