Capri-Hose aus Sarong-Stoff

Indonesien vermählt sich mit Italien, Stoff mit Schnitt zu einer leichten Sommerhose nach meinem Geschmack.

Es war einmal… ein wunderschöner Sarong-Stoff mit Blumenprint auf grünem Grunde, der mir vor Jahren am Schneiderei-Markt in Wien zuflüsterte: „Nimm mich mit! Nimm mich mit!“ Wer könnte schon solch Flehen widerstehen?

Der Stoff gewann mein Herz. Also wanderten Scheine aus meinem Geldbeutel zur Tuchhändlerin, der Stoff in meine Tasche und später – wieder in heimatlichen Gefilden angekommen – wanderte er ins Stoffregal.

Die Jahre zogen ins Land, und der Stoff zog oftmals durch meine Hände, doch: Oh weh! Das rechte Projekt für diesen Stoff wollte sich nicht finden! Wohl bestand er aus 100% Baumwolle, doch zeigte er sich bockig und störrisch. Er fiel nicht zu meinem Wohlgefallen: zu steif für eine Bluse oder einen Rock, zu dünn für eine Hose oder eine Tasche. Was sollte aus dem schönen, armen Stoff denn nun bloß werden?

Durch die Wüste der Ideenlosigkeit wanderte ich, durch den Dschungel der Möglichkeiten schlug ich mich, bis schließlich ein Schnittmuster aus alter Zeit am Horizont erschien: Würde es sich wohl mit dem Stoff zu einem Kleidungsstück vereinen, zu meinem Wohlgefallen?

Die Botin „Brigitte 1999“ überbrachte das Vorbild: Ein Höselein so fein und zart, geschaffen für den Sommer und für tropische Temperaturen, in klassischer Form, mit hohem Leib die Bäuchelein der alternden Frauen stützend. „Wohlan!“ so rief ich tapferes Schneiderlein. „Lasset uns auf eine Probehose verzichten und idem aus dem störrischen Stöfflein sogleich die Hose schneidern. Sei’s drum! Es wird ihm wohl bekommen.“

Schnittmuster aus Brigitte special, Sommer 1999

So vermählten sich Stoff und Schnitt zu einem leichten doch kleidsamen Beinkleid nach dem Geschmacke der Verfasserin. Und es fehlt der Hose an nichts! Die Taschen geräumig und weit, ein Schneuztuch, die Schlüssel oder das Mobiltelefon der Trägerin aufzunehmen während so mancher sommerlicher Wanderung. Der Bund und der Saum geradewegs der Webkante des Stoffes entsprungen, sodass Säumen ganz unnötig wurde, fürwahr!

Geräumige Hosentasche — Webkante dient direkt als Saum

Auch füget sich die Hos‘ recht wonniglich in die Garderob‘, die wohlgefüllt mit grün und rot und gelb. Wie’s gut zu sehn im nächsten Bild, mit rotem Shirt und grünem Wams.

So neiget sich die Mär zu einem guten Schluss: Und wenn sie nicht gerissen ist, so trag ich sie noch heute!

Das ist drin

  • Schnitt/ Anleitung: Caprihose in Gr. 42 aus Brigitte special, „Mode und Nähen“, Sommer 1999
  • Änderungen: Webkante direkt als Abschluss von Bund und Saum verwendet, sodass Säumen überflüssig wurde.
  • Material: indonesischer Sarong-Stoff von Karlottapink, gekauft um 25,- Euro am Schneiderei Markt in Wien (2017), 180cm bei 110 cm Breite. Restlos aufgebraucht. Ein Stück Bundfix, ca. 90 cm
  • Werkzeug: Nähmaschine
  • Arbeitszeit: ca. 7,5 Stunden. Vor allem das mustergerechte Zuschneiden aus dem schmal liegenden Stoff wurde zu einem kniffeligen Puzzlespiel.
  • Fazit: Einfach zu nähen. Die Größe 42 passte mir und meinem Bäuchlein wie angegossen. Im Unterschied zu einigen amerikanischen Schnittmustern, die ich in letzter Zeit genäht habe, musste ich hier keine Anpassung für mein flaches Hinterteil vornehmen.
  • Empfehlung: Holt mal wieder Eure alten Schnittmusterhefte raus! Es gibt darin so tolle, zeitlose Schnitte zu entdecken!

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28 Kommentare zu „Capri-Hose aus Sarong-Stoff“

  1. Pingback: Himbeerrot und Brombeerlila: Die Punktebluse - made with Blümchen

  2. Sehr unterhaltsam geschrieben. Und der Farbton des Grün ein Traum. Ich habe selber noch ein Stück Sarongstoff von Karlotta Pink im Schrank liegen, allerdings nicht in einem so schönen Grün, mehr Smaragd mit Knallgrün und Goldglitzer. Mal schauen was da mal daraus entsteht.

    LG Sabine

    1. Die Sarong-Stoffe sind einfach wunderbar, und so toll, dass Karlottapink sie im Angebot hat. Wenn wir wieder unbeschwert reisen können komme ich Dich besuchen, und wir machen den Ausflug zu ihr, den wir schon letztes Jahr angedacht hatten, gell? Liebe Grüße, Gabi

      1. Leider wurde der Schweizer Karlotta Pink Standort geschlossen. Karlotta Pink ist jetzt also nur mehr im Deutschland und da findet ein Standortwechsel nach Fürth statt.
        Aber zu Besuch kannst du trotzdem gerne kommen.
        LG Sabine

        1. 🙁 und 🙂 Schade, dass sie nicht mehr in der Schweiz ist, aber in die Gegend von Fürth komme ich auch hin und wieder. Ach, ein Besuch bei Dir wäre wirklich schön, und es gibt ja in der Schweiz auch noch andere textil interessante Orte und Firmen, ich denke nur an Zürcher-Stalder… Wenn ich schon dort wäre… 2021 wird ein reisefreudigeres Jahr bei mir, das beschließe ich jetzt einfach! Liebe Grüße, Gabi

  3. Wie sehr es mir das Herz wärmt, dass der so geduldig ausharrende Stoff nach so vielen sicherlich entbehrungsreichen Abenteurerjahren im Regal nun endlich prunkvoll in den Kleiderschrank Einzug halten durfte. Ihr beide steht euch ganz ausgezeichnet!

  4. Oh ist dieser Stoff schön, kann gut verstehen, dass du ihn wolltest und offenbar wollte er auch zu dir. Manchmal muss er halt ein Weilchen auf seine Bestimmung warten, doch die habt ihr beide nun gefunden. Klasse ist die Caprihose und die Fotos sind dir auch sehr gut gelungen.
    LG eSTe

  5. Bilder wie aus dem Dschungelcamp – nein, besser! Ich liebe dieses kleine Saumdetail ❣️ Und ich geb dir recht, liebe Gabi, alte Handarbeitshefte, auch Strickhefte, enthalten wahre Schätze. Habe da tolle Ideen zum Thema Florales gefunden (Intarsien). Einzige Ausnahme m.M.n.: Fledermaus-Ärmel: die hätt die Welt nicht noch mal gebraucht.

    1. Ja, als Dschungel (der Möglichkeiten)-Bilder waren sie auch gedacht, wenn die Bilder auch „nur“ im Garten meiner Mutter entstanden sind. Florale Intarsien stricken – du machst mich neugierig! Und Fledermaus-Ärmel sind doch gerade wieder im Kommen, oder nicht? Brrr. Müsste ich auch nicht mehr haben. Liebe Grüße, Gabi

  6. Was für ein schönes Märchen, und natürlich hat es ein Happy end, wie alle Märchen…Deine Hose gefällt mir sehr gut, die sieht so richtig nach Urlaub und Freizeit aus, die Du Dir sicher verdient hast. Ich kenne das auch, daß Stoffe jahrelang auf dem Stapel liegen und auf ihre Bestimmung warten. Wenn dann der richtige Kombipartner alias Schnitt dazu kommt, das wird immer gut!
    LG Barbara

    1. Ja, das hier ist richtig gut geworden! Ich habe mich vor allem gefreut, dass mir die Größe 42 so ganz ohne Anpassungen gepasst hat. Also nicht über die Größe 42 hab ich mich gefreut (hatte jahrelang 36, aber – seufz – das Altersbäuchlein…), aber über das Nicht-Anpassen-Müssen dafür umso mehr. Liebe Grüße, Gabi

  7. Herrlicher Text, vielen Dank dafür! Deine Hose aus dem besonderen Stoff finde ich super! Und ich gebe Dir 100% Recht, es ist gut in vorhandene Schnitten zu stöbern, da finden sich wirklich richtige Perlen! LG Kuestensocke

  8. Liebe Gabi, eine wunderschöne Geschichte. Herzlichen Dank dafür! Auf das sie dich lange begleitet und beglückt. Und ist Grün nicht die Farbe der Hoffnung? Liebe Grüße, irene

  9. bei der Geschichte musste ich schmunzeln 😀
    Mein Sarongstoff wurde erst ein paar Jahre Wandbehang und dann (nach mehrmaligen Waschen ganz weich) zum liebsten Sommerkleid (ok, bisher mein einzigstes, selbstgenähtes Kleid) – auch in grün 🙂

    Schaut klasse aus deine grüne Sommerhose – tolle Farbkombi. Weiterhin viel Freude damit!

  10. Oh, ich hoffe doch sehr, dass dieses Märchen beständig bleibt. Ein traumhafter Stoff! Und wenn bei Capri dann die Sonne versinkt, hast Du immer noch eine absolut kleidsam, sehr besondere Hose. (Ich liebe Capri Hosen!)
    Ich wünsche Dir noch ganz viele wunderbar warme Tage um die Hose noch ganz viel dieses Jahr tragen zu können.
    Liebe Grüße
    Nina

    1. Genau! (trällert) „Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versiiiiiinkt!“ Nach Capri sind wir dieses Jahr nicht gekommen, dafür aber nach Grado, und haben dort noch den Sommer um ein paar Tage verlängert. Und bei der Rückkehr nach Graz festgestellt, dass zwar schon manches Blatt vom Baume segelt, es aber immer noch recht warm ist. Schöne spätsommerliche Tage wünsche ich Dir! Liebe Grüße, Gabi

    1. Danke Dir! Ich war mir zwischendurch nicht sicher, ob die Hose nicht zu bunt ist. Aber sie trägt sich so angenehm, da ziehe ich sie so oder so an. Liebe Grüße, Gabi

  11. Ich bin begeistert!
    Steht dir sehr gut.
    Du hast recht, mal wieder die alten Hefte durchschauen, ist eine gute Idee.
    Und manchmal dauert es halt eine Weile bis sich das passende Projekt für einen Stoff findet…
    und dann langt er auch grad so.
    Ich mag es, wenn es keine Reste gibt😉
    Liebe Grüße
    Eva

    1. Ja, da haben sich einige Dinge recht gut zusammengefunden. Und ich hab so dringend mir wieder eine Hose in meiner Lieblingslänge gewünscht, das war noch ein erfreulicher Punkt! Liebe Grüße, Gabi

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